Erbkrankheiten künftig mit RNA heilen

ETH-Wissenschaftler entwickelten ein RNA-Molek¨¹l, mit dem sich in Zellen des Knochenmarks genetische Fehler mit Auswirkungen auf die Proteinherstellung korrigieren lassen. Patienten, die an einer seltenen vererbbaren und schmerzhaften Sonnenlichtempfindlichkeit leiden, k?nnten in Zukunft davon profitieren.

Symbolbild
Erst wenige genetisch bedingte Krankheiten lassen sich mit Medikamenten behandeln (Symbolbild). Einer von mehreren Therapieans?tzen beruht auf RNA-Molek¨¹len. (Bild: Science Photo Library)

Kurze RNA-Molek¨¹le k?nnen als Medikamente verwendet werden. Ihre Wirksamkeit beruht auf der genetischen Information, die sie tragen: Medikamenten-RNA kann sich spezifisch an k?rpereigene RNA anlagern und damit deren Funktion beeinflussen. Allerdings gibt es erst wenige solche RNA-Medikamente.

?Der Hauptgrund daf¨¹r liegt darin, dass es nicht ganz einfach ist, die RNA-Molek¨¹le im K?rper in jenes Organ zu bringen, wo sie ihre Wirkung entfalten sollen. Dies ist derzeit die gr?sste H¨¹rde bei der Entwicklung von RNA-Medikamenten?, sagt Jonathan Hall, Professor f¨¹r pharmazeutische Chemie an der ETH Z¨¹rich. Zusammen mit Daniel Sch¨¹mperli, emeritierter Professor der Universit?t Bern, und mit Kollegen der ETH, des Universit?tsspitals Z¨¹rich und des Triemlispitals Z¨¹rich ist es ihm nun gelungen, ein RNA-Molek¨¹l zu entwickeln, welches die Wirkung von Genmutationen in Zellen des Knochenmarks auszugleichen vermag.

Dieser Therapieansatz k?nnte dereinst bei einer seltenen Erbkrankheit zur Anwendung kommen, der Erythropoetischen Protoporphyrie (EPP). Davon betroffen sind Personen, denen sowohl der Vater als auch die Mutter eine entsprechende Veranlagung vererbt hatten. Die Patienten leiden unter einer schmerzhaften Sonnenlichtempfindlichkeit.

Aufgrund von Genmutationen stellt der K?rper dieser Patienten von einem bestimmten Enzym, der Ferrochelatase, weniger her. Die Ferrochelatase ist zentral f¨¹r die Produktion von H?moglobin, das im Blut den Sauerstoff transportiert und es rot erscheinen l?sst. Als Folge des Ferrochelatasemangels reichert sich ein Stoffwechselmolek¨¹l, Protoporphyrin, in den roten Blutzellen an. Protoporphyrin reagiert auf Licht. Halten sich Patienten im Sonnenlicht oder in sehr starkem k¨¹nstlichen Licht auf, entstehen aus dem Protoporphyrin Molek¨¹le, welche bei den Patienten das Gewebe angreifen und schmerzhafte Entz¨¹ndungen hervorrufen k?nnen.

Fusionsmolek¨¹l zeigt Wirkung

ETH-Professor Hall und seine Kollegen entwickelten mehrere kurze RNA-Molek¨¹le, welche sich in K?rperzellen an die RNA-Abschrift des Ferrochelatase-Gens anlagern. In Zellkulturexperimenten fanden sie solche, welche die negativen Auswirkungen der bekannten EPP-Genmutationen auszugleichen vermochten. Diese Zellen stellten ausreichend grosse Mengen des Enzyms Ferrochelatase her.

Die Entwicklung eines solchen RNA-Molek¨¹ls war jedoch nur der erste Teil der Arbeit. ?Dieses Molek¨¹l muss im K?rper auch ins richtige Organ gelangen k?nnen und dort ins Innere von Zellen?, sagt Hall. Im Fall der Krankheit EPP sind dies die Blutstammzellen im Knochenmark. In ihrer Arbeit fusionierten die Forschenden daher eines der RNA-Molek¨¹le mit verschiedenen chemisch aktiven Verbindungen. Diese testeten sie in einem Mausmodell f¨¹r die Krankheit EPP. Ein Fusionsmolek¨¹l ¨C die Fusion des RNA-Molek¨¹ls mit Cholesterin ¨C vermochte die Genmutation auch in diesem Tiermodell auszugleichen.

Forschung noch nicht am Ziel

ETH-Professor Hall betont, dass man das von ihm gefundene Molek¨¹l noch nicht als RNA-Medikament bezeichnen sollte. Bis jetzt haben die Forschenden n?mlich erst gezeigt, dass sich mit solchen Molek¨¹len in M?usen die Menge an funktionsf?higer Ferrochelatase erh?hen l?sst. ?Dies ist ein erster Schritt, und er zeigt, dass unser Ansatz erfolgversprechend ist?, sagt Hall. Nun gehe es darum, das Fusionsmolek¨¹l weiter zu optimieren oder noch wirksamere Fusionsmolek¨¹le zu finden. Ausserdem ben?tige man noch weitere, verbesserte Mausmodelle f¨¹r die Krankheit EPP. Bis zu einem optimalen Medikamentenkandidaten, dessen Wirkung man auch in Menschen untersuchen kann, braucht es also definitiv noch weitere Forschung.

Diese Arbeit wurde vom Nationalen Forschungsschwerpunkt externe SeiteRNA & Disease finanziell unterst¨¹tzt.

Literaturhinweis

Halloy F, Iyer PS, ?wiek P, Ghidini A, Barman-Aks?zen J, Wildner-Verhey van Wijk N, Theocharides APA, Minder EI, Schneider-Yin X, Sch¨¹mperli D, Hall J: Delivery of oligonucleotides to bone marrow to modulate ferrochelatase splicing in a mouse model of erythropoietic protoporphyria. Nucleic Acids Research 2020, 48: 4658-4671, doi: externe Seite10.1093/nar/gkaa229

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